Verrat

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  • Wie damals rannte ich mit Linwe durch die Wälder Kamasilvias. Doch anders als damals, was Jahrzehnte her war, fühlte ich keine Freiheit. Nur schiere Entschlossenheit. Wie ich herausfinden durfte, haben die Ganelle in diesem zweiten Krieg, nach dem Mord an Polly, gewonnen. Die Ahib flohen in ein anderes Land, wo sie sich vermutlich neu formierten. Es würde früher oder später zu einem neuen Krieg gekommen, das war gewiss. Aber jetzt, jetzt wollte ich für Frieden sorgen, wenn auch nur ein Augenblick lang. So, dass die neue Generation zumindest ohne vom Tod umgeben zu sein aufwachsen konnten.
    Das bedeutete aber, die Menschen in Gefahr zu bringen. Linwe und Hulon hatten mir erzählt, dass es sehr viele Länder der Menschen gab und sie sich ohnehin ständig im Krieg miteinander befanden. Ich redete mir immer wieder ein, unsere Handlungen würden kaum einen Unterschied machen, aber der Plan bereitete mir immer Übelkeit, wenn ich über ihn nachdenken musste.
    "Vexilion, wir sind fast da. Wir müssen die Umgebung sichern, bleib wachsam. Es gibt Gerüchte von bösartigen Geistern oder sogar übrig gebliebenen Schwarzgeistern in der Nähe dieser Orte. Angeblich soll es auch dämonische Gestalten geben.", warnte Linwe.
    "Dämonische Gestalten?", fragte ich sofort.
    "Ja, wie die Schwarzgeister kamen sie mit dem gefallenen Stern im Norden Kamasilvias. Aber das sind ferne Sagen."
    Wieso wurde dieser Stern nie untersucht? - Kam es von Aurelia, welche stets an meiner Seite erschien wenn sie mit mir sprach.
    Die Schwarzgeister korrumpieren jeden, der unvorsichtig ist. Es ist zu gefährlich. - Antwortete ich durch meine Gedanken.
    Obwohl die Ganelle mittlerweile durch Kamasilvia streiften, stets auf der Suche nach übriggebliebenen Ahib, reisten wir seit Tagen ohne Probleme. Nun, wieder mal nahe an der Valtarra Gebirgskette, sollten wir bald Hulon treffen. Er sollte mit Vertrauten Brolina Ornettes auftauchen um das Ritual durchzuführen.
    Nahe eines Fußes eines Berges sicherten wir also die Umgebung und warteten dann auf Hulon. Zusammen auf einem Baum, auf sich nahe befindlichen Ästen, rasteten wir und hielten Wache. Aurelia saß direkt neben mir und ließ die Beine baumeln.
    "Sie wird uns finden, Vex, und ich weiß nicht, was sie tun wird.", begann Linwe.
    Fragend sah ich hinüber zu Linwe, in deren Augen ich eine Angst sehen konnte, wie ich sie so nicht von ihr kannte. Ich wusste, von wem sie spricht, aber sie sollte es sagen.
    "Wer?", kam es aus meinen Lippen.
    "Eloen, natürlich. Du weißt genau von wem ich rede."
    "Du hast mir immer noch nicht gesagt, wieso sie euch gegenüber feindselig sein sollte."
    "Sie...sie fühlt sich verraten.", gestand Linwe mit Reue in ihrer Stimme. "Und ich muss leider zugeben, dass sie jedes Recht dazu hat."
    Ich wartete auf weitere Ausführung, wie immer. Linwe kämpfte mit sich, holte tief Luft und schüttelte den Kopf. "Während du 'tot' warst, haben wir noch viele Schlachten geschlagen, bis unsere Schöpferin selbst eingreifen musste."
    "Eloen hat mir bereits erzählt, was geschehen ist.", sagte ich sofort.
    "Ja, dann weißt du, dass der Frieden nicht lange währte. Immer als Trio sabotierten wir etliche Operationen der Ganelle. Doch als diese letztendlich Wind von uns bekamen, versuchten sie uns eine Falle nach der anderen zu stellen, vergebens. Wir konnten den meisten ausweichen. Dann fanden sie heraus, wer wir waren. Die Ganelle drohten, den Sohn Hulons zu töten, wenn wir uns nicht ergeben und ihrem Gericht stellen würden. Das war keine Option, also bereiteten wir uns darauf, vor, Xenvalon da raus zu holen. Wir schafften es bis in Graná und beinahe auch problemlos und unbemerkt raus, doch wurden wir entdeckt."
    Linwe schüttelte verzweifelt lachend den Kopf. "Eloen hat dafür gesorgt, dass wir fliehen konnten. Wir im Gegenzug versprachen, für sie zurückzukommen sobald der Junge außer Gefahr ist."
    "Ihr seid nicht zurückgekehrt.", vollendete ich diese Geschichte. "Wie ist sie entkommen?"
    "Du hättest sie sehen sollen, Vex. Es war ein schreckliches Bild voller Tod. Sie ist mithilfe von Skrupellosigkeit und purem Willen entkommen."
    Aber die Verräter sind Hulon und Linwe. - Sprach Aurelia aus, was ich dachte.
    "Wieso seid ihr nicht zurückgekehrt?"
    "Wir haben nicht geglaubt, sie wird es überleben. Und wir würden auch sterben, wenn wir wieder in die Nähe der Stadt kommen."
    Mein Blick fand wieder in die Tiefen der prächtigen Wälder Kamasilvias. Linwe und Hulon hatten vernünftig gehandelt, aber nichtsdestotrotz verletzte das Eloen. Die Frage die sich mir jetzt stellte war: Würde Eloen dafür Rache wollen?
    Ich sprang auf, als etwas im Unterholz raschelte. Doch schnell beruhigte ich mich, als ich das Gesicht Hulons erkannte. Er lächelte mich müde an und ich lächelte zurück, dann kletterte ich den Baum hinab. Linwe folgte mir.
    "Du sagtest mir, Xenvalon sei noch Graná. Was soll ich glauben, Linwe?", flüsterte ich nochmal zu Linwe.
    "Er ist wieder in Graná, nachdem jeder, der das Wissen hatte, Hulon ist sein Vater, getötet wurde. Die Familie Erzanodd hat ihn wieder aufgenommen, als ihr Kind."
    "Warum haben sie das getan? Gefährden sie sich damit nicht?"
    "Ich kenne das Oberhaupt gut. Wir sind Freunde."
    Hinter Hulon tauchten mehrere Elfen auf, insgesamt fünf, alle mit langen Roben. Sie sahen nicht weniger erschöpft aus als Hulon.
    "Alles sicher? Wir beginnen so bald wie möglich. Je früher wir diese Hetzjagd beenden können, desto besser.", erkundigte Hulon sich.
    "Alles sicher.", bestätigte Linwe.
    So wanderten wir zusammen weiter in das Gebirge, direkt zu einem wundersamen Ort mitten im Gebirge: Eine Art winziges Tal voller Blumen in jeder Farbe. Die Magie in der Luft war so stark, überall schwebten kleine, leuchtende, blaue Sphären. Das Licht der Sonne schien auf einen kleinen Punkt, an dem ein mächtiger Baum stand, hinab. Ich strotzte vor Energie und fühlte mich, als könnte ich die Welt heben. Solch einen Ort habe ich nicht mal in Kamasilvia erwartet.
    Die fünf Robenträger begannen sofort mit ihren Vorbereitungen während Hulon, Linwe und ich Wache an der kleinen Eingangshöhle dieses Tals schoben.
    "Es wird alles gut werden, Vexilion. Ich fühle es.", murmelte Hulon.
    Und dieses Mal musste ich sein Enthusiasmus teilen. Ich wollte ihm glauben...und tat es auch. Er hielt meine Hand, und ich packte auch die Linwes. Wir können es schaffen.
    Nur Aurelias Gesicht war mit Sorge geprägt.

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